Handlungsfeld Gebäude

Das Bauwesen ist als einer der ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren auf der einen Seite Mitverursacher für die klimatischen Veränderungen. Auf der anderen Seite ist der Bausektor in besonderem Maße von den Extremwetterereignissen betroffen. Deshalb ist das enorme und bisher nicht ausgeschöpfte Potenzial des Bauwesens zur Anpassung an den Klimawandel von größter Bedeutung.

Durch planerische und konstruktive Maßnahmen auf der Liegenschaft und am Gebäude kann Einfluss auf die Klimaresilienz genommen werden. Die Nutzung und Orientierung der Räume, die Konstruktion, die Ausrichtung der Fensterflächen sowie die Art der Sonnenschutzsysteme bis hin zur Wahl der Fassadenfarbe können die Schadensanfälligkeit des Gebäudes gegenüber Extremwetterereignissen maßgebend beeinflussen.

Die Kombination eines angepassten Lüftungsverhalten mit zusätzlichen, hierauf abgestimmten baulichen Maßnahmen minimiert Überhitzung. Im Idealfall kann auf eine kosten- und energieintensive Anlagentechnik zur Klimatisierung verzichtet werden.

Es zeigt sich aber auch, dass Schadensereignisse nicht vollständig vermeidbar sind, beispielweise bei Hagel oder Hochwasser. Durch eine sanierungsfreundliche Gestaltung der Konstruktionen können diese im Schadensfall möglichst einfach wieder ertüchtigt werden. Hier gilt es, durch vorausschauende Planung das Risiko sowie das Schadenspotenzial für die Liegenschaft und das Gebäude, aber allem voran für Mensch und Lebewesen weitestgehend zu minimieren.

Das Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumplanung gibt in seiner Veröffentlichung „Klimaangepasste Gebäude und Liegenschaften“ Empfehlungen für Planende, Architektinnen und Architekten sowie Eigentümerinnen und Eigentümer.

Bei der Sächsischen Energieagentur – SAENA GmbH sind zu diesem Thema die Broschüren „Verminderung überflutungsbedingter Schäden an Gebäuden und „Minderung sommerlicher Überhitzung in Wohngebäuden“ erhältlich. –> Siehe https://www.saena.de/broschueren.html

 

Technische Gebäudeklimatologie

Technische Gebäudeklimatologie sind Daten, die gemäß DIN V 18599-10: 2018-09  aus den Testreferenzjahre (TRY) abgeleitet werden.  Dabei handelt es sich um speziell zusammengestellte Datensätze, die für jede Stunde eines Jahres verschiedene meteorologische Daten enthalten. Sie sollen einen mittleren, aber für das Jahr typischen Witterungsverlauf repräsentieren. Solche Datensätze werden vor allem für Simulationen und Berechnungen im heizungs- und raumlufttechnischen Bereich von Planern und Ingenieuren genutzt.

 

Hier können Sie die wentlichen Informationen zu den Datensatz finden:

 

 

Bitte wählen Sie eine Datenpunkt aus.

 

Hochwasserereignisse und Überflutungen

Hochwasserereignisse und Überflutungen z.B. durch Starkregen können Siedlungsbereiche überfluten. Das damit verbundene Risiko für die Gesellschaft wächst, sowohl durch klimatische Veränderungen (regional höheres Überflutungsrisiko), als auch durch allmähliche Veränderungen der Umwelt (z.B. Zunahme von Entsiegelung und Verbauung) und Steigerung der bedrohten Werte mit hoher Wahrscheinlichkeit zukünftig weiter an. In den letzten beiden Dekaden waren derartige Hochwasser- und Überflutungsereignisse in Deutschland und anderen europäischen Ländern häufiger und verursachten Todesfälle sowie volkswirtschaftlich bedeutsame Schadenshöhen. Als Ursachen kommen Starkregenereignisse, Flusshochwasser, ein Anstieg des Grundwassers oder Rückstau im Kanalisationssystem in Betracht. Diese Veränderungen und Entwicklungen verdeutlichen den wachsenden Bedarf an Konzepten zur Minderung überflutungsbedingter Schäden an Gebäuden.

Gefahren

Die Hochwasserereignisse im August 2002 oder Juni 2013 sind maßgebliche Beispiele in Sachsen, welche die Notwendigkeit von wirksamen Bauvorsorgemaßnahmen verdeutlicht haben. Somit kam es im Jahr 2002 zu 107.000 Schäden an Gebäuden, im Jahr 2013 stieg die Anzahl auf 120.000. Durch das Eindringen von Wasser in ein Gebäude werden Baukonstruktionen unplanmäßig, in unterschiedlicher Dauer, durch Feuchte beansprucht. Inwieweit dadurch der Feuchtegehalt zunimmt, hängt vom jeweiligen Wasseraufnahmeverhalten der verwendeten Baustoffe ab. Infolge der Wasseraufnahme verändern sich in der Regel die mechanischen und physikalischen Eigenschaften von Baustoffen und Baukonstruktionen nachteilig, wie etwa die Festigkeit, die Stabilität oder die Wärmeleitfähigkeit. Die Folgen eines vernachlässigten Hochwasserschutzes sind somit immense Sanierungskosten und ein erhöhtes Verletzungsrisiko für die Bevölkerung.

Anpassungsmaßnahmen

Objektspezifische Maßnahmen der Bauvorsorge können die nachteiligen Folgen zukünftiger Überflutungsereignisse für das baukonstruktive Gefüge, die Haustechnik und das Inventar von Gebäuden reduzieren. Alle Maßnahmen der Bauvorsorge können dabei drei grundsätzlichen Konzepten zugeordnet werden:

  • Ausweichen,
  • Widerstehen und
  • Anpassen.

Das Konzept „Ausweichen“ umfasst alle Maßnahmen, mit denen das Hochwasser im Ereignisfall von der Gebäudehülle ferngehalten wird. Dies ist durch Verlagerung von Gebäuden, Gebäudeteilen oder hochwertigen Nutzungen möglich. Zu den verbreiteten Maßnahmen zählt hier unter anderem der Einsatz von mobilen oder permanenten Hochwasserschutzsystemen im Außenraum, die einen Siedlungsbereich oder einzelne Gebäude vor der Überflutung abschirmen. Grundsätzlich sollten Neubauvorhaben ausschließlich außerhalb festgesetzter Überschwemmungsgebiete umgesetzt werden.

Unter dem Konzept „Widerstehen“ werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die die Flutung eines Gebäudes bis zu einer vorab festgelegten Höhe verhindern. Um dieses Konzept wirksam umzusetzen, sind insbesondere alle möglichen Eintrittswege des Wassers durch die Gebäudehülle zu betrachten.

Ziel bei dem Konzept “Anpassen” ist es, potentielle Schäden an der Bausubstanz von Gebäuden auch bei einem nicht mehr zu vermeidenden Wassereintritt zu verringern, so dass der Umfang der baulichen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung reduziert und die schnelle Wiederherstellung der planmäßigen Nutzung des Gebäudes gewährleistet werden kann. Insbesondere bei gewerblich genutzten Immobilien ist dies von großer wirtschaftlicher Bedeutung.

 

 

Umweltminister Günther:

»Eigenvorsorge ist wichtige Säule zur Absicherung gegen Naturgefahren«

–> Medieninformation

 

–> Das »Kompetenzzentrum Hochwassereigenvorsorge Sachsen«

 

–> Förderung von Maßnahmen zur privaten Hochwassereigenvorsorge

 

–> FLOOD.Bi-Tool (Hochwassergefahren und Schadensminderung an Gebäuden)

Gute-Praxis-Beispiele

Ein wichtiges Werkzeug, um die Eigenversorgung zu unterschützen, stellt der sächsische Hochwasservorsorgeausweis (HWVA) dar. Den HWVA erarbeiten ausschließlich spezifisch ausgebildete und zertifizierte Sachkundige aus der Region, die das Gebäude und dessen Umfeld vor Ort begutachten, die grundsätzliche Gefährdungssituation einschätzen, mögliche Eindringpunkte des Wassers identifizieren und die potenziell betroffenen Gebäudebereiche und Bauteile abgrenzen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wird zunächst die Schadensanfälligkeit des Gebäudes im Ausgangszustand bewertet. In diesem Prozess werden die verwendeten Baustoffe und Baukonstruktionen ebenso wie die gebäudetechnischen Anlagen und die Art der Gebäudenutzung berücksichtigt. Der abschließend ausgestellte Hochwasservorsorgeausweis fasst alle wichtigen Informationen zusammen und unterstützt den Gebäudeeigentümer, wirksame und kosteneffiziente Lösungen zu finden, die zur zukünftigen Minderung überflutungsbedingter Sachschäden beitragen.

Sommerliche Überhitzung in Wohngebäuden

Eine der folgenreichsten Wirkungen des Klimawandels ist die steigende Hitzebelastung vor allem in Städten. Ein Effekt, welcher insbesondere in Großstädten beobachtet werden kann, ist der städtische Wärmeinseleffekt. Dieses Phänomen führt dazu, dass in städtischen Bereichen heiße Tage sowie Tropennächte besonders häufig auftreten. Dabei beeinflussen insbesondere die Größe der Stadt, ihre Bebauungsdichte und -höhe, der Grünflächenanteil sowie die verwendeten Baumaterialien die Ausprägung dieses Effekts. Während der Monate Juni bis August beträgt der maximale tägliche Temperaturunterschied zwischen Stadtzentrum und dem direkten Umland durchschnittlich 3 bis 4 °C, aber auch Temperaturunterschiede von bis zu 9 °C wurden bereits gemessen. Folglich ist damit zu rechnen, dass auch zukünftig die Wärmebelastung in den Innenstädten besonders hoch sein wird.

Gefahren

Neben den meist weniger umfangreichen direkten Schäden an Gebäuden hat die steigende Hitze eine Veränderung des Innenraumklimas von Wohnräumen und Arbeitsräumen zur Folge. Wenn sich das Raumklima aufgrund von sommerlichen Hitzeperioden verändert, nimmt die thermische Behaglichkeit für die Bewohner bzw. Nutzer ab, was die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit der betroffenen Menschen beeinflusst. Eine Kombination aus mehreren aufeinander folgenden heißen Tagen und Tropennächten belastet zudem den menschlichen Organismus stark. Insbesondere ältere Menschen, chronisch Kranke, kleine Kinder sowie isoliert lebende Personen können davon betroffen sein. Durch den erhöhten Flüssigkeitsverlust aufgrund von Hitzebelastungen und der damit verbundenen Dehydrierung erhöht sich das Risiko für Thrombosen und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hitze trägt zudem zu sozialem Unfrieden bei, da aggressives Verhalten bei Hitze nachweislich zunimmt.

Anpassungsmaßnahmen

Maßnahmen, welche die Wärmeeinträge in das Gebäude mindern bzw. reduzieren, können das Innenraumklima unter sommerlichen Witterungsbedingungen deutlich verbessern, deren Umsetzbarkeit sollte daher immer zuerst geprüft werden. Dazu zählen außenliegende Verschattungseinrichtungen wie Rollläden, Fensterläden, Raffstores, textile Verschattung, sowie auch Dach-und Fassadenbegrünung. Wärme kann auch gezielt zwischengespeichert werden, so dass die Temperaturmaxima in Innenräumen gesenkt werden und während kühlerer Außentemperaturen die gespeicherte Wärme, z. B. durch Lüftung, wieder abgegeben wird. Um die überwiegend kälteren Nachttemperaturen zum Austausch der aufgeheizten Innenraumluft zu nutzen, sind Maßnahmen zur Verbesserung des Luftwechsels erforderlich. Abschließend besteht die Möglichkeit, mittels maschineller Kühlung die Innenraumtemperaturen zu senken, bestenfalls in Kombination mit am Gebäude installierten regenerativen Energiequellen. Bei der Planung von Neubauten sollte zudem auch auf die Ausrichtung der Gebäude im Stadtraum beachtet werden.

Gute-Praxis-Beispiele

Ein Beispiel zur Verringerung des Innenraumklimas bietet ein untersuchtes Mehrfamilienhaus. Hierbei handelt es sich um einen Gebäudetyp, der ab 1970 für den Massenwohnungsbau entwickelt wurde, um der Nachfrage nach rationalisiertem mehrstöckigem Wohnen zu entsprechen. Auswertungen zeigten, dass innerhalb des Monats Juli die Temperatur in nur wenigen Stunden unterhalb der 27 °C-Marke sinkt und Maximalwerte bis zu 34 °C erreicht werden. Für dieses Gebäude wurden Simulationen für die oben beschriebenen Maßnahmen bzw. -kombinationen durchgeführt und ausgewertet. Das Ergebnis zeigt eine deutliche Reduzierung der Innenraumtemperatur. Z.B. durch die Maßnahme Klappläden lassen sich positive Effekte für das sommerliche Raumklima in allen betrachteten Wohnräumen nachweisen, da die Maximaltemperatur durchschnittlich um 2,7 °C reduziert und die Anzahl der Übertemperaturgradstunden mehr als halbiert wird.