Unter Klimaprojektion verstehen wir den Klimawandel in der Zukunft.

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Klimatische Einordnung Sachsen-Anhalts

 

Das Klima in Sachsen-Anhalt wird als überwiegend feuchtwarmes Kontinentalklima bezeichnet. Warme bis heiße Sommer und kalte Winter sind typisch für dieses Klima, da der ausgleichende Einfluss der Ozeane nicht – oder in diesem Fall vergleichsweise schwach – zum Tragen kommt. Sachsen-Anhalt ist größtenteils von Flachland geprägt. Im Westen erstreckt sich der Harz, auf dessen höchster Erhebung – dem Brocken mit 1141 m – alpines Klima herrscht. Aufgrund der exponierten Lage ist der Brocken einer der windreichsten Orte Deutschlands und sehr niederschlagsreich, da ein Großteil der aus Westen kommenden Wolken dort abregnen. Die südöstlich und östlich des Harzes gelegenen Landesteile gehören damit zur trockensten Region Deutschlands, da im sogenannten Regenschatten des Harzes vergleichsweise wenig Niederschlag fällt.

 

Wir betrachten in der Klimatologie immer einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren, um eine mögliche Veränderungen des Klimas von natürlichen Klimaschwankungen oder aber dem kurzfristigen Wettergeschehen unterscheiden zu können. Als Bezugszeitraum dient immer die von der WMO (World Meteorological Organization) festgelegte klimatologische Referenzperiode 1961-1990. Die mittlere Jahrestemperatur liegt für diese Referenzperiode bei 8,7 °C. Der Mittelwert für Deutschland liegt bei 8,2 °C. Im Mittel fallen 548 mm Niederschlag über das ganze Jahr. Das ist vergleichsweise sehr wenig. Der Mittelwert der Bundesrepublik liegt bei 789mm. Damit ist Sachsen-Anhalt das trockenste aller Bundesländer. Die Sonne scheint an 1522 Stunden im Jahr. In ganz Deutschland scheint im Mittel an 1544 Stunden im Jahr die Sonne. Die höchste jemals gemessene Temperatur wurde am 20. Juli 2022 mit 40,0 ° C in Pabstdorf im Landkreis Harz registriert. Die kälteste jemals gemessene Temperatur wurde am 1. Februar 1956 mit -28,4 ° C auf dem Brocken festgestellt.

Klimaprojektion

Für die Zukunft lassen sich keine Aussagen aufgrund von Beobachtungsdaten treffen. Zur Analyse künftiger möglicher Klimaentwicklungen werden Klimamodelle genutzt. Auf Basis der Ergebnisse dieser Klimamodellrechnungen, den sogenannten Projektionen, können mögliche Klimaveränderungen für die Zukunft abgeschätzt werden. Im Anschluss können die Folgen des Klimawandels analysiert sowie notwendige Anpassungsmaßnahmen abgeleitet werden. In der Regel werden auch bei den Projektionen verschiedene 30-jährige Zeiträume analysiert und anschließend mit dem Klima der Referenzperiode verglichen um Veränderungen erkennen zu können.

 

RCP-Szenarios

Quelle: Global Carbon Project

Entscheidende Ausgangsbasis für die Klimamodellierung bildet die zukünftige globale Entwicklung der Treibhausgasemissionen. Dabei sind unterschiedliche Annahmen über den demographischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Wandel bis zum Jahr 2100 zu treffen.

Aufgrund der Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten dieser Annahmen erfolgte eine Bündelung dieser Annahmen in Entwicklungspfade (Pathways), den sogenannten Klimaszenarien.

Für den fünften Sachstandsbericht (AR5) des Weltklimarates (IPCC) wurden vier Klimaszenarien (Representative Concentration Pathways – RCP-Szenarien) zur Abschätzung der zukünftigen Klimaentwicklung erarbeitet (RCP2.6, RCP4.5, RCP6.0 sowie RCP8.5). Jedem Szenario kann eine entsprechende Temperaturzunahme zum Ende des Jahrhunderts zugeordnet werden.

 

Klimamodellauswertung Sachsen-Anhalt 1961-2100

Für Sachsen-Anhalt liegen umfangreiche Projektionsergebnisse auf Basis der Klimamodellauswertung 1961-2100 vor.

In dieser Studie wurden die Emissionsszenarien RCP2.6 und RCP8.5 (Representative Concentration Pathways) zugrunde gelegt. Das RCP2.6 ist ein Szenario, dem u. a. eine sofortige, massive und konsequente Reduktion der Treibhausgasemissionen bis Ende des Jahrhunderts unterstellt wird. Eine nachhaltige globale Reduktion ist bereits ab 2021 vorgesehen (Ziel verfehlt!) und notwendig, um dem vom Weltklimarat in Paris 2015 (COP21) im Klimaschutzübereinkommen gestecktem Ziel – wonach die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C bis Ende des Jahrhunderts begrenzt werden soll – zu entsprechen. Demgegenüber wird für das RCP8.5-Szenario von einer andauernden Erhöhung der Treibhausgasemissionen ausgegangen. Konsequente globale Klimaschutzanstrengungen werden in diesem Szenario also nicht unternommen werden. Es handelt sich also um einen optimistischen und einen pessimistischen Ansatz.

Klimamodellauswertung_Endbericht

Zusammenfassung der Klimamodellauswertung Sachsen-Anhalt 1961–2100

 

Temperatur

Die Temperatur wird bis in das Jahr 2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1961 – 1990 sehr wahrscheinlich um mindestens +1,1 bis +2,2 K ansteigen (RCP2.6). Im Falle einer anhaltenden Steigerung der Treibhausgas-Emissionen wird der Temperaturanstieg bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich bei +3,2 bis +5,2 K liegen (RCP8.5). Um dies grob einzuordnen: in diesem Fall ist in Sachsen-Anhalt im Normalfall mit anhaltend hohen Temperaturen  und derart großer Hitzebelastung im Sommer zu rechnen, die in ihrem Ausmaß die äußerst warmen Sommer von 2018 bis 2020 deutlich übertreffen. Die Änderungssignale zur Erwärmung der Temperatur sind statistisch hoch signifikant und robust. Die Hitzebelastung wird stark zunehmen, Perioden mit Frost- und Eistagen werden hingegen nur noch selten auftreten.

Diese unterschiedlichen Szenarien führen wenig überraschend zu unterschiedlichen Ergebnissen für Sachsen-Anhalt. Zwar muss für beide Szenarien aufgrund der Trägheit des Klimasystems bis Ende des Jahrhunderts (2071-2100) mit einer Temperaturerhöhung im Mittel gegenüber dem Referenzzeitraum 1961-1990 gerechnet werden. Jedoch fällt diese Erwärmung für das RCP2.6 wesentlich moderater aus als die für das RCP8.5 projizierte Erwärmung. Dies zeigt, dass sich mit wirksamen (globalen) Klimaschutzmaßnahmen eine Beschränkung der Temperaturzunahme erreichen lässt.

Niederschlag

Die Jahresmengen des Niederschlages nehmen wahrscheinlich weder stark zu noch ab, jedoch besteht die Tendenz zu feuchteren Wintern und trockeneren Sommern. Sowohl für das RCP2.6 als auch für das RCP8.5 werden für den Sommer Niederschlagsabnahmen projiziert, für den Winter muss mit einer Zunahme von Niederschlägen gerechnet werden. Für die ferne Zukunft (2071-2100) fällt diese Tendenz für das RCP8.5 ausgeprägter aus. Sommerliche Trockenperioden bis hin zu verheerender Dürre werden zunehmen. Die Intensität von Starkregen steigt an, jedoch sind aufgrund der hohen Streuung der Änderungssignale Aussagen zu extremen Niederschlägen statistisch kaum belastbar.

 

Weitere Änderungen

Die winterliche Windgeschwindigkeit wird möglicherweise leicht zunehmen und die sommerliche etwas abnehmen. Die Solarstrahlung und damit die Sonnenscheindauer werden besonders im Sommerhalbjahr zunehmen. Ursache für diese Änderungen sind möglicherweise Veränderungen der Zirkulation. Im Sommer könnten länger andauernde Hochdruckwetterlagen vermehrt auftreten, die durch eine Nordwärtsverlagerung des subtropischen Hochdruckgürtels
verursacht wird. Die Zunahme der Windgeschwindigkeit im Winter ist nicht konsistent mit der beobachteten Nordwärtsverlagerung von Zyklonenzugbahnen. Möglicherweise hat diese Zunahme thermodynamische Ursachen, wie ein selteneres Auftreten von Inversionswetterlagen. Die relative Luftfeuchtigkeit wird mit voranschreitendem Klimawandel zurückgehen und im Winterhalbjahr zu einer geringeren Neigung zu Nebel führen. Andererseits wird die absolute Luftfeuchtigkeit durch erhöhte Verdunstungsraten über Gewässern aufgrund höherer Temperaturen signifikant zunehmen. Daraus ergibt sich ein größerer Wasserdampfgehalt der Luft, welcher möglicherweise Auswirkungen auf konvektives Wettergeschehen, winterliche Niederschlagsraten und thermisches Empfinden hat.

 

Auswirkungen des zukünftigen Klimawandels bis 2100 für Sachsen-Anhalt

Die Hitzebelastung wird erheblich zunehmen und wahrscheinlich über das Maß hinaus, wie es in Sachsen-Anhalt bisher aufgetreten ist. Deshalb müssen Strategien zur Bewältigung der Hitzebelastung und ihrer Folgen wie in der Anpassungsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt beschrieben, umgesetzt werden. Dürreperioden im Sommerhalbjahr werden sich auf den Wasserhaushalt auswirken und die heimische Vegetation vor große Herausforderungen stellen. Ohne entsprechende Anpassungsmaßnahmen werden wasserintensive Betriebe, wie die Viehhaltung, durch die Ressourcenknappheit in Bedrängnis geraten und viele Zweige der Landwirtschaft könnten ohne Veränderung der  Anbaumethoden und eingesetzten Pflanzen hohen Ernteverlusten entgegensehen. Der Verbrauch von Trinkwasser in Haushalten und Wirtschaftsgebäuden muss durch den Einsatz wassersparender Technologien und Verhaltensweisen reduziert werden. Der Wintersporttourismus im Harz wird aufgrund der Erwärmung an Bedeutung verlieren und kein verlässlicher Bestandteil der regionalen Wirtschaft mehr sein. Die Saison für Städte- und Kulturtourismus wird sich deutlich verlängern. Die Bedingungen für Aktivtourismus werden sich ebenfalls verbessern, weshalb die Identifikation von Chancen durch den Klimawandel für die Tourismusbranche ökonomische Potenziale eröffnen dürfte. Die Gefährdung für Gebäude und Infrastruktur durch Starkniederschläge in kurzer Zeit sowie Hochwasserereignisse könnte deutlich zunehmen, da der atmosphärische Wasserdampfgehalt zunimmt.

 

 

Die Ergebnisse basieren auf dem Mitteldeutschen Referenzensemble. Detaillierte Informationen dazu finden Sie unter Modellgrundlagen.