Hitzebelastung in Thüringen

Informationen und Handlungsmöglichkeiten für Kommunen
  1. Hitze

    In den letzten Jahren haben sommerlichen Phasen mit besonders hohen Lufttemperaturen weiter zugenommen. Die Jahre 2018 und 2019 zeigten, worauf sich die Bevölkerung in Zukunft einstellen muss.

  2. Gesundheit

    Länger andauernde Hitzebelastung hat negative Folgen für die menschliche Gesundheit. Besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen sind Kinder, Kranke und ältere Menschen.

  3. Schutz vor Hitzebelastung

    Bei erhöhter Hitzebelastung müssen Maßnahmen zum Schutz von gefährdeten Bevölkerungsgruppen getroffen werden.

Hitze

Heiße Tage und innerstädtische Wärmeinseln

 

thermometer-4294021_1920_Gerd_AltmannDie vier bisher wärmsten Jahre waren die Jahre 2018, 2014, 2019, 2015. (2000, 2007) Sie alle traten in den letzten sechs Jahren auf. Diese Jahre zeichnen sich auch durch immer wieder auftretende Phasen mit hohen Tageshöchsttemperaturen aus.

Am 31.07.2018 fielen mancherorts die bisher bestehenden Temperaturrekorde (z.B. an der Messstation Erfurt-Weimar mit 36,1 °C). Am 30.06.2019 trat wieder so ein Extremtag auf. Hier fielen sogar die bis dahin geltenden deutschen Temperaturrekorde.

Um die Entwicklung der hohen Temperaturen abzubilden, kann als Indikator der Temperaturkenntag Heißer Tag verwendet werden. Ein Heißer Tag zeichnet sich durch eine Tageshöchtstemperatur von mindestens 30 °C aus. Im 30-jährigen Referenzzeitraum von 1961 bis 1990 (Abb. 1) waren in Thüringen durchschnittlich drei Heiße Tage zu verzeichnen. In den letzten 30 Jahren von 1990 bis 2019 (Abb. 2) waren es bereits mehr als sieben Heiße Tage pro Jahr. Die Auftrittswahrscheinlichkeit hat sich damit schon mehr als verdoppelt.

Heiße_Tage_1961_1990_RaKliDa
Abb. 1 Mittlere Anzahl an Heißen Tagen im Refrenzzeitraum 1961 bis 1990
Heiße_Tage_1990_2019_RaKliDa
Abb. 2 Mittlere Anzahl an Heißen Tagen im Zeitraum 1990 bis 2019

Vergangene und zukünftige Temperaturentwicklung Ihrer Gemeinde

In den kommunalen Faktenblättern wird die beobachtete und die voraussichtliche zukünftige Temperaturentwicklung für jede Gemeinde Thüringens umfassend dargestellt. Klicken Sie auf Ihre Gemeinde und laden Sie das kommunale Faktenblatt für Ihre Gemeinde als PDF (6,7 MB) herunter.

In den Faktenblättern ist die Entwicklung der

  • mittleren Lufttemperatur sowie die Temperaturkenntage
  • Heiße Tage (Tageshöchsttemperatur 30 °C oder höher),
  • Sommertage (Tageshöchsttemperatur 25 °C oder höher),
  • Frosttage (Tagestiefsttemperatur unter 0 °C) und
  • Eistage (Tageshöchsttemperatur unter 0 °C)

in Zahlen und Grafiken dargestellt. Für den Referenzzeitraum 1961-1990 und für die letzten 30 Jahre 1990-2019 wurden die Messdaten der Stationen des Deutschen Wetterdienstes ausgewertet. Die nächsten 30 Jahre (2021-2050) und die ferne Zukunft (2071-2100) wurden anhand von Klimamodelldaten des Mitteldeutschen Kernensembles (MDK) projiziert.

Klicken Sie in der Karte auf Ihre Gemeindegrenzen und laden Sie das kommunale Faktenblatt Temperatur für Ihre Gemeinde als PDF (ca. 6 MB) herunter.

Die kommunalen Steckbriefe zum Niederschlag finden Sie unter Herausforderungen → Starkregen.

Heiße Tage 2018 und 2019

Im Jahr 2018 konnten in Thüringen im Mittel knapp 19 Heiße Tage,  gemessen werden. In manchen Regionen traten bis zu 40 Heißen Tagen auf. Nach 2003 war der Sommer des Jahres 2018, der zweitwärmste Sommer seit Begin der Ausfzeichnungen. Im Jahr 2019 wiederholte sich der etwas weniger heiße Sommer und wurde nach 2003 und 2018 der drittwärmste Sommer in Thüringen. Die damit verbundenen Heißen Tage summierten sich im Mittel auf fast 16. Sogar auf dem Kamm des Thüringer Waldes waren zwei Heiße Tage zu verzeichnen.

Tab. 1 Anzahl der Heißen Tage pro Jahr im Minimum, Mittelwert, Maximum für Thüringen

Heiße Tage 1961-1990 1990-2019 2018 2019

Minimum

0

0,3

0

2

Mittel

3

7,1

19

15,7

Maximum

10,7

15,4

40

32

Heiße_Tage_2018_RaKliDa
Abb. 3 Anzahl an Heißen Tagen im Jahr 2018
Heiße_Tage_2019_RaKliDa
Abb. 4 Anzahl an Heißen Tagen im Jahr 2019
Zukünftige Anzahl Heißer Tage

Die voraussichtliche zukünftige Anzahl an Heißen Tagen finden Sie in ReKIS WISSEN → Klima INFO → Zukünftiger KlimawandelHeiße Tage. Danach wäre die Auftrittshäufigkeit Heißer Tage wie im Jahr 2018 der Durchschnitt. Dazu gehören auch Jahre weit mehr Heiße Tage als 2018 aufweisen.

Heiße_Tage_bis_2100_tlubn

Städtische Wärmeinsel

Im innerstädtischen Umfeld, bei ungünstigen Baulichen Bedingungen wie ein hoher Versiegelungsgrad ohne Grünflächen, z.B. Plätze, Parkplätze, Industrieflächen, können die Temperaturen weiter ansteigen. In den Innenstädten kann für das Jahr 2018 von 55 und mehr Heißen Tagen ausgegangen werden. Dieses Phänomen wird auch als innerstädtische Wärmeinsel bezeichnet (Vgl Abb. 5)

Durch Lufttemperatur und -feuchtigkeitsmessungen in den großen Thüringer Städten Erfurt, Jena und Gera konnte der Wärmeinseleffekt auch in Thüringen nachgewiesen werden. Das Luftgütemessnetz des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) liefert dafür wertvolle Daten. Namhafte Einrichtungen wie z. B. das Max-Planck-Institut für Biogeochemie und die Ernst-Abbe-Hochschule in Jena erfassen eigene meteorologische Messdaten, die sie frei zur Verfügung stellen. Eine weitere Möglichkeit ist das Messen mittels mobiler Sensoren auf Straßenbahnen, wie es in Jena praktiziert wird.

Des weiteren verfügt das TLUBN über ein passiv messendes Mikrowellenradiometer (MTP-5), welches Temperaturprofile über einer Stadt aufzeichnen kann. Über die Messungen von 2016 bis 2020 in Erfurt erfahren Sie in Kürze mehr auf der Homepage des TLUBN.

staedtische_waermeinsel_DWD
Abb. 5 Das Stadtklima und seine Einflussfaktoren (Quelle: Deutscher Wetterdienst)
03_Mittlere_LST_Thüringen_Sommer_2019
Abb. 6 Durchschnittliche Oberflächentemperaturen im Juni 2019

Oberflächentemperaturen aus Satellitendaten

Einen anderen Ansatz wählt das Projekt des TLUBN „COKAP“ (Verwendung von Copernicus- und weiteren Satellitendaten für Klimabewertungen in Regional- und Stadtplanungen Thüringens).

COKAP geht diesen innerstädtischen Wärmeinseln unter Nutzung von Satellitendaten (Copernicus Sentinel 3) auf den Grund. Anhand der Unterschiede der Oberflächentemperaturen  zwischen dem Stadtgebiet und dem Umland in Abb. 6 werden die überhitzten Flächen im Bereich der Städte sichtbar. Die spezifischen Oberflächen innerhalb von versiegelten Siedlungs-, Gewerbe- bzw. Industriebereichen weisen eine höhere Erwärmung auf, die sich zum einen mehr aufheizen und zum anderen die Wärme langsamer an die Umgebung abgeben. Die Wärme wird gespeichert. Eine Abkühlung, gerade auch in Gebäuden, ist kaum möglich. Daher müssen Wege gefunden werden diese Abkühlung zu begünstigen bzw. herbei zuführen.

Menschen,Tiere und Pflanzen aber auch Gebäude und kommunale Infrastrukturen leiden unter solchen Hitzebedingungen.Das Projekt COKAP geht diesen innerstädtischen Wärmeinseln unter Nutzung von Satellitendaten auf den Grund. Anhand von Oberflächentemperaturen können große Temperaturunterschiede zwischen den Innenstadtbereichen und dem Umland ermittelt werden. Die Kommunen haben die Herausforderungen hitzeresistente Strukturen zu schaffen. Die Aufhitzung der Städte sollte möglichst verringert und eine ausreichende nächtliche Abkühlung ermöglicht werden. Das spielt sowohl für bestehende Strukturen, wie auch in Planungsprozessen für die zukünftigen Stadtgestaltung eine große Rolle. (Kaltluft von umliegenden Wiesenflächen) Für eine nächtliche thermische Entlastung kann Kaltluft einen wesentlichen Beitrag leisten.

Gesundheitsbelastung durch Hitze

kneippen-860135_1920_Manfred_Antranias_ZimmerVon Hitze sind vor allem Menschen betroffen, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation keine Möglichkeiten haben ihre Räumlichkeiten zu verlassen. Das sind im besonderen alleinstehende ältere Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit. Aber auch Patienten in Krankenhäusern und Pflegeheimen sind diesen hohen Wärmebelastungen ausgesetzt. Oftmals haben die Patienten nicht die Möglichkeit Außenbereiche aufzusuchen bzw. an die frische Luft zu gehen.

Wohnhaus-598205_1920_SnapwireSnapsAber auch der Großteil der Bevölkerung hält sich an normalen Werktagen die meiste Zeit des Tages in bestimmten Gebieten der Stadt und dort in Räumlichkeiten auf. Die meisten Wohnungen, Arbeitsplätze, Kindergärten oder Schulen verfügen nicht über Klimaanlagen. An Sommertagen kann die Hitze am Nachmittag und Abend über  nicht verschattete Fenster eindringen und staut sich über Nacht in den Räumlichkeiten. Erst am Morgen kann durch das Öffnen der Fenster eine Abkühlung erreicht werden. Bald hat sich die Außentemperatur aber wieder der Innentemperatur angenähert und eine Abkühlung durch Lüften ist nicht mehr möglich. Über den Tag heizen sich die Räumlichkeiten weiter auf. Tritt diese Situation der Hitze an mehreren Tagen hintereinander auf, steigt die Belastung weiter an.

SicArbeiter_Straßenbau-1694101_1920_account_deletedh der Hitze im Freien auszusetzen bietet bei ungünstigen Bedingungen z. B. im städtischen Bereich eine zusätzliche Belastung. Hier können die Temperaturen schnell 10 °C höher sein als im Umland der Städte (-> Wärmeinseleffekt). Hinzu kommt die Belastung durch erhöhte UV-Strahlung. Das betrifft vorrangig Personen, die im freien Arbeiten müssen.

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Abb. 7 Wahrscheinlichkeit der Hitzebelastung im Sommer 2019

Die Karte links zeigt, in welchen Regionen Thüringens die Wahrscheinlichkeit der Hitzebelastung besonders hoch ist. Diese Bereiche zählen im Sommer häufig zu den 10 % heißesten Gebieten Thüringens.

Dafür wurden im Rahmen des COKAP-Projektes die Oberflächentemperaturen der Sommermonate Juni, Juli und August 2019 aus den Copernicus-Sentinel-3-Satellitendaten genutzt.

Wohnen in diesen Hitzebelastungsbereichen besonders viele junge und ältere Menschen unter 6 Jahren und über 65 Jahren, sind diese besonders betroffen. Eine solche Hitzebetroffenheit konnte während COKAP für die Stadt Gera ermittelt werden. Die entstandene Hitzebetroffenheitskarte der Stadt Gera finden Sie im ReKIS kommunal Thüringen Planung.

Schutz vor Hitzebelastung

Maßnahmen zum Schutz von gefährdeten Bevölkerungsgruppen
Aufenthaltsmöglichkeiten bei Hitze schaffen

Das Anlegen von Gärten, Parks, begrünten Innenhöfen, Straßengrün, die Bewirtschaftung von zusammenhängenden Grün- und Freiflächen oder Dach- und Fassadenbegrünung. Das bietet der Bevölkerung eine attraktive Aufenthaltsmöglichkeit, nicht nur an heißen Tagen. Außerdem werden Kaltluftentstehungsgebiete für die thermische Enlastung am Abdend und in der Nacht geschaffen. Das Anlegen von Teichen oder Seen, Brunnen oder Wasserspielen verbessert die Kühleffekte am Tag.

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Sonnenschirme (Foto: erge/pixabay)

Während die meisten Menschen an Sommertage (ab 25 °C) noch vermehrt zu Aktivitäten im Freien angeregt werden, wird bei Heißen Tagen (ab 30 °C) schon auf allzu große Belastung durch z. B. Sport verzichtet und eher ein Ausgleich durch Abkühlung in Wäldern oder in und auf dem Wasser gesucht. Dabei werden auch Heiße Tage als angenehm und für eine Nutzung von Schwimmbädern als wünschenswert empfunden. Für den Großteil der Bevölkerung ist so ein Ausgleich an Heißen Tagen aber nur in ihrer Freizeit oder gar nicht möglich. Umso wichtiger ist es auf wesentliche Handlungsempfehlungen zu achten.

Jeder Einzelne kann etwas tun.

Handlungsempfehlungen für Tage mit erhöhter Hitzebelastung:

  • Hitze meiden
  • Sonnenschutz
  • ausreichend Trinken
  • körperliche Anstrengung reduzieren
  • über den Tag Fenster geschlossen halten
  • Lüften in der Nacht und am Morgen

Bitte informieren Sie sich über die aktuellen Hitze- und UV-Warnungen auf der Warnseite des Deutschen Wetterdienstes (DWD).

Die Isoplethendiagramme des UV-Index, gemessen an der Messtation des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz in Jena (Göschwitz), zeigen welche UV-Schutzmaßnahmen zu welcher Zeit im Jahr notwendig sind.

Handlungsmöglichkeiten und Praxisbeispiele

 

Es existieren zahlreiche Möglichkeiten, wie einer zunehmenden Hitzebelastung planerisch und organisatorisch begegnet werden kann, um die Aufenthaltsqualität in unseren Städten und Gemeinden trotz Klimawandels zu erhalten bzw. zu verbessern. Die für Thüringer Kommunen besonders bedeutsamen Handlungsmöglichkeiten sowie wichtige Ansprechpartner und Fördermöglichkeiten sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengetragen.

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